In einem heute veröffentlichten Interview äußerte sich Oberbürgermeister Dirk Hilbert zur Situation in Dresden nach den Anschlägen in Bayern. Direkt angesprochen, ob eine Gefahr von Flüchtlingen ausgeht, die lange in Unterkünften ohne Perspektive untergebracht sind, antwortete der Dresdner Oberbürgermeister, ein "Bonus-Malus-System" anregen zu wollen und sagte wörtlich auf Nachfrage:
"Mir wird immer wieder signalisiert, dass es unter den Flüchtlingen einige gibt, die sehr fleißig sind, und andere, die es eben nicht sind. Häufig sind das Landsleute untereinander. Dann fühlen sich die, die fleißig lernen, von denen gestört, die das nicht tun. Deswegen muss man da stärkeren Druck aufbauen. Wir haben das zwischenzeitlich schon gemacht: Wer sich nicht ordnungsgemäß verhält, kam in die großen Gemeinschaftsunterkünfte und nicht in eine eigene Wohnung. Ich halte das für richtig."
Dazu erklärt LINKE-Stadträtin Pia Barkow, Mitglied im Ausschuss für Soziales und Wohnen:
"Eine solche Regelung, also dass Flüchtlinge, die nicht fleißig seien, wie es Dirk Hilbert ausdrückte, als Strafe in großen Sammelunterkünften untergebracht werden statt in Wohnungen, existiert nicht. Wir sprechen bei den Anschlägen von als gefährlich eingestuften Personen, denen ist nicht beizukommen, indem man sie in Sammelunterkünften unterbringt: Kriminalität ist ein Fall für die Polizei.
Dies ist ein gefährlicher Vorschlag von Dirk Hilbert, bar jeder Fach- und Sachkenntnis, der nichts mit der Asyl-Vorzeigestadt Dresden zu tun hat!"
In Dresden wird versucht, so vielen Flüchtlingen wie möglich ein Wohnen in normalen Wohnungen zu ermöglichen, nur ca. ein Drittel lebt in größeren Gemeinschaftsunterkünften. Hier wird das Prinzip verfolgt, zunächst Familien und Frauen in Wohnungen unterzubringen. Gerade für Kinder ist es wichtig, dass sie im Wohnumfeld Kindergärten und Schulen besuchen und Kontakte in der Nachbarschaft knüpfen können.
Einzelpersonen werden ebenfalls überwiegend in Wohnungen untergebracht. Sammelunterkünfte können dann sinnvoll sein, wenn Personen planen, ihre Familien nachzuholen und nur übergangsweise allein in Dresden zu leben oder wenn sie nicht in der Stadt bleiben wollen.
Die Unterbringung ist jedoch mitnichten ein "Bestrafungssystem".
Pia Barkow abschließend:
"Es gilt auch nach den Anschlägen in Bayern und Frankreich, nicht in populistische, vermeintlich einfache Lösungen zu verfallen. Menschen, die kriminell sind, egal ob hier geboren oder zugewandert, sind in einem Rechtsstaat ein Fall für die Polizei.
Geflüchteten, wie auch allen anderen Dresdnerinnen und Dresdnern, müssen Möglichkeiten eröffnet werden, sich zu integrieren und hier ein zufriedenstellendes Leben zu führen. Der beste Schutz vor Kriminalität ist gute Teilhabe in der Gesellschaft und die Aussicht auf eine gesicherte und lebenswerte Zukunft.
Ich halte ein Belohnungs- und Bestrafungssystem für völlig ungeeignet. Menschen, die nach Dresden kommen, müssen in erster Linie eine Chance und die Perspektive bekommen, sich in die Gesellschaft einzufinden. Absurde Bestrafungen sind nicht motivierend und nützen dabei wenig.
Der Oberbürgermeister hat die volle Unterstützung der LINKEN, Asylsuchenden eine gute Integration zu ermöglichen, für Sicherheit zu sorgen und die Teilhabe aller in Dresden Wohnenden am kulturellen und sozialen Leben zu gewähren."
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Das ein Anreizsystem zur Motivation nicht nur aus Belohnung sondern auch aus Bestrafung besteht, kann man gerne diskutieren. Bitte beachten Sie, dass die Fälle in Bayern u. anderswo ja nicht von Menschen ohne reale Perspektiven und Integrationserfolge gemacht wurden. Das war schon bei den in Deutschland studierenden Fanatikern so, die damals mit Flugzeugen über 3000 Menschen in den USA töteten und zieht sich durch über Nizza bis Würzburg und Ansbach. Also Perspektivlosigkeit kann da nicht der Auslöser gewesen sein. Vielleicht aber unerfüllte hohe Erwartungen, aber das kann man nie ausschliessen. Das ein oder andere "Refugees Welcome"-Schild trägt (sicherlich unbewusst) einen kleinen Teil zu unerfüllbaren Erwartungen bei.
Potentielle Rattenfängeropfer, die "Dagegen-Menschen" nachrangig in Wohnungen zu vermitteln halte ich nicht für verkehrt. Denn mit eigener Wohnung lassen sich effektiv tödliche Schweinereien wesentlich leichter organisieren. Darum ist Hilberts Gedankengang auf die ihm gestellte Frage nicht verwerflich und darf nach eigenem Nachdenken gern unterstützt werden. Es sei denn, dies steht Ihrem eigenem postulierten Populismus entgegen. Dann ist es sicherlich schwer für Sie.