20. October 2014 Hans-Jürgen Muskulus

Skandalöse Zustände im Jobcenter Dresden: Einrichtung einer Ombudsstelle ist dringend notwendig

Foto: Dr. Klaus-Uwe Gerhardt / pixelio.de

Nach wie vor herrscht eine hohe Rechtsunsicherheit im Jobcenter Dresden. Immer wieder werden den Hartz IV-Beziehenden Leistungen widerrechtlich ganz oder teilweise verweigert und Bescheide falsch ausgestellt. Zu Recht wehren sich die Betroffenen mit Widersprüchen und Klagen vor dem Sozialgericht Dresden. Ein großer Teil der erfolgreichen Klagen betrifft die sogenannten Kosten der Unterkunft und Heizung, aber auch sonstige Fälle des Lebens von Langzeitarbeitslosen, welche in ausufernden Richtlinien und Grundsätzen geregelt sind.
So musste erst letzte Woche das Sozialgericht Dresden darüber entscheiden, dass Hartz IV-Beziehende Anspruch auf eine Waschmaschine haben (SG Dresden, Beschluss vom 25.03.2014, S 40 AS 1666/14 ER). Der Begründung des Jobcenters, der Kläger könne doch einen Waschsalon nutzen, folgte das Gericht nicht, da die Nutzung eines Waschsalons erhebliche Mehrkosten mit sich bringt, die nicht von den Regelleistungen für Hartz IV-Beziehende erfasst sind.

Dazu erklärt LINKE-Stadtrat Hans-Jürgen Muskulus, Mitglied im Ausschuss für Soziales und Wohnen:

"Diese Entscheidung ist nur ein weiteres Beispiel dafür, dass Hartz IV-Beziehende in Dresden regelmäßig vor Gericht um ihre Rechte kämpfen müssen. Die Begründung des Jobcenters in diesem Fall, der Kläger solle doch in einen Waschsalon gehen, finde ich empörend, zeigt sie doch, dass das Jobcenter wirtschaftliche Interessen höher stellt als die Rechte seiner „Kunden“. Zu verlangen, von den ohnehin sehr knapp bemessenen Regelleistungen zusätzlich auch noch monatlich mehrere Gänge in den Waschsalon zu finanzieren, ist zutiefst zynisch.

Das System Hartz IV ist zutiefst unsozial. Es öffnet Tür und Tor für behördliche Willkür. Die Tatsache, dass immer wieder Gerichte die Erfüllung elementarer Rechte einfordern müssen, ist ein einzigartiger Skandal.
Wir brauchen in Dresden deshalb eine Ombudsstelle im Jobcenter, wie sie auch im  Kooperationsvertrag der Fraktionen der LINKEN, der SPD und von Bündnis90/DIE GRÜNEN gefordert wird. Sie muss die Anlaufstelle insbesondere für Langzeitarbeitslose sein, die ihre legitimen Rechte einfordern. Sie wäre dementsprechend ein Instrument, um dem Auswuchs von gerichtlichen Entscheidungen im SGB II-Bereich wirksam entgegentreten zu können."


Hintergrund / zur weiteren Recherche:

Ein weiteres aktuelles Beispiel ist ein Urteil des Sozialgerichts, in dem entschieden werden musste, dass das Jobcenter Arbeitslosengeld II ('Hartz IV') nicht mit dem Argument verweigern kann, eine Studentin müsse ihr Kind nach dem 1. Geburtstag in der Kita betreuen lassen und ihr Studium fortsetzen.

Skandalös war ebenfalls, dass es eine gerichtliche Entscheidung des Sozialgerichtes Dresden gegen das Jobcenter Dresden wegen wiederholt ungerechtfertigt verhängter Sanktionen des Jobcenters gegen eine psychisch behinderte Hartz IV-Empfängerin geben musste. Selbst psychisch kranke Menschen werden durch das Jobcenter drangsaliert, was ihren Gesundungsprozess wahrhaftig entgegensteht.

Außerdem musste das Gericht in einer weiteren Entscheidung klarstellen, dass nur in Kenntnis der wirtschaftlichen Verhältnisse nach Rentenbezug beurteilt werden kann, ob dem Betroffenen ein vorgezogener und damit gekürzter Rentenbezug zumutbar ist. Das kann zum Beispiel dann zu verneinen sein, wenn der vorzeitige Rentenbezug für den Betroffenen mit einem lebenslangen Bezug von Sozialhilfe verbunden ist. Das Jobcenter Dresden hatte einen Mann dazu aufgefordert, ohne diese Kenntnis vorzeitig die Rente zu beantragen.

Nichtnutzung der Krippenbetreuung bis zum dritten Geburtstag des Kindes:
SG Dresden, Beschluss vom 04.04.2013 - S 20 AS 1118/13 ER.

Sanktionen gegen psychisch kranke Personen:
SG Dresden, Beschluss vom 16.05.2014, S 12 AS 3729/13 u. a.

Aufforderung des Jobcenters zur vorzeitigen Beantragung einer Rente ohne Kenntnis der zu erwartenden Rentenhöhe:
SG Dresden, Beschluss vom 21.02.2014 - S 28 AS 567/14 ER.

Kategorien: Muskulus, Pressemitteilung

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